Dienstag, 21. Februar 2012

Arbeitsplatz

Flaianos Held

Der faule Schriftsteller schlief. Der Held der Erzählung, an der er gerade geschrieben hatte, als der Schlaf ihn übermannte, trat aus dem letzten Kapitel und fing an, in den Romanen, die im Bücherregal standen, herumzuschmökern. »Unerhört«, dachte er, »die hier amüsieren sich alle, reisen, reden, betrinken sich, fröhnen den seltsamsten Neigungen, gehen ständig miteinander ins Bett! Und ich? Ich?« Der faule Schriftsteller wachte auf und sagte: »Wenn du das alles auch tun willst, dann tu’s im Papierkorb.« Und er zerriss die Seiten, die er geschrieben hatte. Als aber sein Held nicht aufhören wollte zu weinen, sagte er noch, bevor er wieder einschlief: »Ja, weine nur, weine, das wird dir gut tun!«

Ennio Flaiano: Und ich?

Frühlingslied im Winter

Im Winter sollst du keinen Hut aufhaben.
Fällt Schnee, spürst du auch kaum ihn, der ins Haar
Dir fällt ohn' Aufhörn langsam und wird Wasser
Auf deiner Haut und wird was er war

So spürst du doch an ihm, dass es ihn gibt und
Wie er sehr flüchtig ist und muß verziehn.
Er wird schon Wasser, wenn du ihn gespürt hast.
Aber für eine Weile spürst du ihn.

Heiner Müller

Freitag, 3. Februar 2012

Sensibilité

»Ne méprisez la sensibilité de personne.

La sensibilité de chacun, c'est son génie.«


Baudelaire, Journaux intimes